Hendrik Musekamp

Coaching & Workshops

Kategorie: Atomic Essays

  • Alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt

    Alles, was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt

    Dieser unscheinbare Satz hat weitreichende Konsequenzen.

    Denn wir müssen bedenken, dass wir alle unsere ganz eigene Betrachtungsweise haben, die jede unserer Aussagen zu einem guten Teil prägt.

    Erfahrungen, Scheuklappen, Blinde Flecken, Interessen, Abneigungen, Vorlieben, Wahrnehmungsfähigkeiten, Erwartungen, Rollenerwartungen …

    All das prägt, was wir als Wirklichkeit erleben. Und es ist schwer, sich davon zu trennen.

    Ernst von Glaserfeld sagte, Objektivität sei die wahnhafte Vorstellung eines Subjekts, dass Beobachtung ohne es selbst vollzogen werden könnte.

    Das kann sie nicht.

    Jede Aussage ist schwer von persönlichen Eigenarten zu trennen.

    Das gilt auch für uns selbst.


    In seiner „Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus“ spricht Fritz B. Simon hier vom 1. Gebot systemischen Denkens. Eine von 10 Denkanweisungen, die es sich lohnt, regelmäßig zu lesen. Eine klare (wenn auch ungebetene) Empfehlung.

  • Verlorene Stimmen

    Verlorene Stimmen

    Ein enormer Anteil dessen was wir Lernen nennen, über unsere Arbeit, die Welt und uns selbst, entspringt Gesprächen.

    Sie sind der Prozess in dem wir ein Verständnis herstellen über die Welt und unseren Platz darin.

    Wenn wir aufhören uns an Gesprächen zu beteiligen, fangen wir an uns in Luft aufzulösen.

    Wir alle haben Situationen erlebt, in denen wir nicht die richtigen Worte gefunden haben und uns daher schlecht fühlten.

    Hätte ich mal …

    Unseren Gedanken Stimme zu verleihen, erlaubt uns Situationen mitzuprägen – und damit die Welt, in der wir leben.

    Wenn wir diese Chance vergeben, wird die Welt durch andere geprägt und wir verlieren womöglich unseren Platz. Nicht selten mit fatalen Folgen. Nicht nur für uns, sondern für die Gesellschaft in der wir leben.

  • Immer und nie sind selten wahr

    Immer und nie sind selten wahr

    „Es ist immer dasselbe.“

    „Nie nimmt er es mal in die Hand.“

    Es mag sich so anfühlen. Aber dann wären wir schon ziemlich perfekt. Meiner Erfahrung nach ist das selten der Fall.

    Die Möglichkeit von Ausnahmen zu erwägen, würde bedeuten, dass wir genauer hinschauen müssen.

    Und für jene, die eine Veränderung wollen, könnte dort bereits ein Anfang sein.

  • Wenn Ausnahmen neue Regeln erlauben

    Wenn Ausnahmen neue Regeln erlauben

    1978 gründeten Steve de Shazer und Insoo Kim Berg das Brief Familiy Therapy Centre.

    Die Absichten waren einfach: Therapie kürzer und effektiver zu machen.

    Es dauerte sieben Jahre, bis eine einfache Beobachtung änderte, wie man fortan mit Klient:innen arbeitete:

    Das Problem, das Klient:innen in die Therapie führte, war gar nicht immer da.

    Klient:innen berichteten zunächst nebenbei von Zeiten, in denen ein Problem nicht auftrat. Oder von Zeiten, in denen es ihnen besser gelungen ist, damit umzugehen.

    Ein Klient, der eigentlich über Alkoholismus klagte, erwähnte bspw., dass er für zwei Tage keinen Tropfen anrührte.

    Eine Klientin, die unter Depressionen litt, berichtete, wie es ihr an manchen Tagen besser ging.

    Ein Kind, das oft einnässte, hatte trockene Nächte.

    Die Schlussfolgerung:

    „Nobody is perfect“ gilt auch für die Probleme, die uns widerfahren.

    Die Regelhaftigkeit von Problemen hat wahrscheinlich Ausnahmen – und in diesen könnte eine nützliche Strategie stecken.

    Probleme wurden fortan weniger analysiert und man schenkte diesen „Ausnahmen“ mehr Aufmerksamkeit.

    Wie gelingt es jemandem, die Regeln des Problems zu brechen?

    Hier stecken vielleicht „schlummernde Kompetenzmuster“ (Gunther Schmidt)

    Das gilt auch außerhalb der Therapie.

    Der „Sog“ von Problemen kann sehr groß sein.

    Doch manchmal passiert schon ein Teil dessen, was wir uns erhoffen, nahezu vor unseren Augen.

  • Es gibt keine goldene Mitte

    Es gibt keine goldene Mitte


    Nicht das Vollkommene, sondern das Gute im Vorläufigen suchen.

    Das sollte Ziel sein.

    Dafür müssen wir immer wieder „gut“ entscheiden können:

    Dabei bleiben.
    Etwas ändern.

    Akzeptieren.
    Ablehnen.

    Verantwortung selbst tragen.
    Verantwortung abgeben.

    Dich mitteilen.
    Es für dich behalten.

    Dich damit vertraut machen.
    Es auf sich beruhen lassen.

    Fokus.
    Perspektive.

    Schneller.
    Langsamer.

    Individualität berücksichtigen.
    Nach Schema arbeiten.

    Dich festlegen.
    Dich von Verpflichtungen lösen.

    Dem Bedürfnis nachgehen.
    Das Bedürfnis zurückstellen.

    Bewusst machen.
    Unbewusst lassen.



    Entscheidungen verlangen von uns:

    – Frustrationstoleranz
    – Achtsamkeit
    – Unsicherheitstoleranz

    … und den Mut, am nächsten Horizont vielleicht umzudrehen.

  • Zwei Arten des Nichtstuns

    Zwei Arten des Nichtstuns

    Auszeiten wollen genutzt werden.

    Alles Ungetane, Unerledigte, Ungesehene, Unbereiste, Ungehörte und Ungelesene kommt auf die Agenda. Wer aus der Auszeit zurück kommt wird schnell gefragt: Und was hast du gemacht im Urlaub? Wie war euer Sommer? Was habt ihr gemacht? Wie war das Wochenende? Was habt ihr gemacht?

    Aus der Pause soll ja etwas gemacht werden. Gerne etwas Sinnvolles oder eben Versäumtes nachholen.

    Wir wechseln von den Dingen, die wir müssen zu den Dingen, die wir tun wollen. Von der Pflicht zu den Wünschen. Ist das der Sinn von Pause? Ist das wirklich eine Auszeit?

    Oft wird das Nichtstun sogar verordnet. Viele die im Macher-Modus stecken haben damit Schwierigkeiten. Langeweile kommt auf – und die ist dann fast unerträglich.

    Daher zurück an die Arbeit oder Reisen, Sport, Musik, Gartenarbeit, Konzerte oder Ausstellungen, Theater, Kochen und Essen gehen. Die Lösung: Zurück in die Unterhaltung. Die eigene Lebendigkeit schnell durch Äußeres füttern.

    Wieder-Funktionieren oder Neu-Orientieren

    Wenn die Auszeit das Funktionieren erhalten soll, indem es der Erholung dient und man danach wieder besser funktioniert reicht das vielleicht.

    Wenn die Auszeit Orientierung geben soll – und damit nach der Pause ein Gefühl von wichtig und richtig – dann reicht die Unterhaltung nicht. Denn sie verhindert, dass innere Impulse in den Vordergrund kommen. Schließlich lassen wir uns von außen berieseln.

    Viele Menschen, die am verlorenen Sinn ihres Tuns leiden, so Klaus Eidenschink, haben kein Problem mit dem was sie tun, sondern einen Mangel an Selbstwahrnemung. Kein Mangel an kognitiver Einsicht oder best practice. Es ist vielmehr das sich-spüren, dass dazu beitragen könnte etwas anders zu machen.

    Für eine gelungene Selbststeuerung ist es entscheidend, welche Impulse und Gefühle wir zulassen. Nur was wir zulassen hat die Chance klar zu werden. Und klar muss alles werden, was zu einem bewussten inneren Imperativ heranreifen soll. Was diffus und eben unklar bleibt, stiftet keine innere Orientierung. Dann wäre es ein leichtes sich an äußeren Imperativen zu orientieren und richtig und wichtig durch jemand anderen vorgeben zu lassen. (Auch das Nein sagen muss man heute offenbar lernen. Aber für jene, die das „innere Nein“ klar und deutlich spüren ist es leicht.)

    Wer seine Auszeiten immer füllt, dem droht eine innere Leere. Selbst das, was einmal der Unterhaltung diente wirkt abgestanden und überholt. Das Innenleben hingegen ist zwar manchmal schwer auszuhalten, dafür immer lebendig. Zumindest wenn wir ihm die Chance geben.